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Digitales Register

Einheitliche Datengrundlagen und eine zentrale Datenquelle für digitale Infrastrukturdaten ist für die neuen Systeme des digitalen Bahnbetriebs essenziell. Im so genannten Digitalen Register werden Infrastrukturdaten einheitlich gespeichert, aktualisiert und aufbereitet.

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2018
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Die „Single Source of Truth“ für Infrastrukturdaten

 

Einheitliche Datengrundlagen und eine zentrale Datenquelle für digitale Infrastrukturdaten ist für die neuen Systeme des digitalen Bahnbetriebs essenziell. Im so genannten Digitalen Register werden Daten einheitlich gespeichert, aktualisiert und aufbereitet. Dabei handelt es sich größtenteils um existierende Infrastrukturdaten aus unterschiedlichen Bahnbereichen, wie zum Beispiel aus „Fahrplan und Betrieb“, „Leit- und Sicherungstechnik“ oder „Planen, Bauen und Instandhaltung“. Diese Datensätze werden aggregiert, konsolidiert und mit neuen Datensätzen ergänzt. Sie sind für Anwendungsfälle, wie das vollautomatisierte, fahrerlose Fahren notwendig. Darüber dient das Digitale Register als Schnittstelle für eine Vielzahl von Schlüsselfunktionalitäten, die für die Digitalisierung und Automatisierung des Bahnbetriebs erforderlich sind und ist somit eine „Datendrehscheibe“.

 

Die Daten des Digitalen Registers lassen sich grob in 3D- und Topologie-Daten gliedern. Die 3D-Daten beschreiben lokalisierte Objekte wie Gleisachsen, Bahnsteige, Oberleitungsmasten, Schilder, etc. Sie werden als vereinfachte 3D-Objekte gespeichert. Die Topologie-Daten hingegen beschreiben die logischen Verbindungen von Gleiselementen. Dazu zählen beispielsweise die Verbindungen von Weichen untereinander oder die Verbindungen zwischen Weichen und Gleisabschlüssen. Sie werden mit Daten relevanter Infrastrukturelemente (z. B. Bahnübergänge) und betrieblichen Infrastrukturdaten (z. B. Geschwindigkeitsprofile) ergänzt.

 

Die 3D-Daten werden durch hochgenau vermessene Lidar-Punktwolken erzeugt, die Objekte im dreidimensionalen Raum „scannen“. Bei der an Messfahrzeugen angebrachten Lidar-Technologie handelt es sich um Wesentlichen um Laser, die ihre Umgebung „abtasten“. Die detektierten Objekte werden klassifiziert, präzisiert und „gelabelt“. Das heißt, sie werden identifiziert und markiert. Diese gelabelten Bereiche der Punktwolke werden im Digitalen Register gespeichert. Die Daten dienen als Grundlage für die Erstellung von hochauflösenden digitalen Karten (sog. HD-Maps). Sie werden unter anderem für die Umfeldwahrnehmung durch Sensoren an der Zugfront oder für die Ortung von Zügen benötigt (siehe Abbildung).

Das Digitale Register als zentrale Datendrehscheibe für die Systeme des digitalisierten Bahnbetriebs. Das Digitale Register als zentrale Datendrehscheibe für die Systeme des digitalisierten Bahnbetriebs.
Das Digitale Register als zentrale Datendrehscheibe für die Systeme des digitalisierten Bahnbetriebs.
  • Der digitale Bahnbetrieb benötigt hochgenaue und aktuelle Infrastrukturdaten.
  • Dafür bietet das „Digitale Register“ (DR) eine einheitliche Datengrundlage und ist dafür zukünftig die zentrale Datenquelle.
  • Es enthält 3D-Daten und Topologie-Daten der gesamten Bahninfrastruktur und aller gleisnahen Anlagen, die zentral bereitgestellt und laufend aktualisiert werden.
  • Die Daten des DR sind u. a. Grundlage für hochauflösende Digitale Karten (HD-Maps) des Schienennetzes, die für zahlreiche digitale Applikationen benötigt werden.

Hochauflösende Digitale Karten im Digitalen Register als Unterstützung für das vollautomatisierte Fahren

 

Das Projekt Sensors4Rail stattete erstmals einen Zug der Hamburger S-Bahn mit einem umfangreichen Sensor-Setup aus und testete sensorbasierte Wahrnehmungssysteme, z. B. zur Hinderniserkennung. Das Sensor-Setup beinhaltete unter anderem Kameras, Radare, LiDAREe ein Satellitennavigationssystem (GNSS) und ein Intertialmessgerät (IMU). Die Wahrnehmungssysteme können beim fahrerlosen Fahren der höchsten Automatisierungsstufe die Streckenbeobachtung sowie die Lokalisierung des Zuges übernehmen.

 

Bei dem Projekt wurden mehrere Anwendungsfälle erprobt. Die HD-Map lieferte dafür die Grundlage. Eine gleisgenaue Lokalisierung erfolgte aus der Kombination von 3D-Gleisachsen aus der HD-Map, Signalquellen (GNSS, IMU, Wegimpulsgeber) sowie erkannten Landmarken (mit Radar und Lidar). Die Abbildung zeigt die Landmarkenerkennung mit Lidar-Sensorik anhand der Detektion von Oberleitungsmasten. Zum einen wird dabei die Entfernung von der Zugspitze zu den Masten angegeben (Umfelderkennung). Zum anderen wird auf die HD-Map verwiesen, auf der die Maste geografisch verzeichnet sind (nicht abgebildet). Dadurch verortet sich der Zug in Echtzeit selbstständig. Neben der Landmarkenerkennung und der Lokalisierung des Zuges, wurden auch die Funktionen Personendetektion, Zugdetektion, Gleiserkennung und Gleisfreiraumerkennung durch die Unterstützung der HD-Map umgesetzt. Um ausreichend aktuelle und genaue Kartendaten bereitstellen zu können, wurden in dem Projekt über 120 km des Hamburger S-Bahn-Netzes erfasst und mit dem oben beschriebenen Verfahren „gescannt“ und „gelabelt“.

Landmarkenerkennung mit LiDAR-Sensorik im Projekt Sensors4Rail. Landmarkenerkennung mit LiDAR-Sensorik im Projekt Sensors4Rail.
Landmarkenerkennung mit LiDAR-Sensorik im Projekt Sensors4Rail.

Für 3D-Daten und den fahrerlosen Bahnbetrieb in der Automatisierungsstufe GoA4 gilt es, in den folgenden Jahren, die Anforderungen an die Daten, die die HD-Map zur Verfügung stellen muss, in seriennahen Forschungsprojekten weiter zu validieren.

 

Eine besondere Rolle wird hierbei auch der Prozess der Aufnahme, Speicherung, Bereitstellung bis hin zur Auswertung und Nutzung der Daten spielen. Dieser Prozess wurde bereits im Projekt SafeRailMap theoretisch aufgesetzt. In Zusammenarbeit mit dem Bestandsdatenmanagement der DB Netz muss er weiterentwickelt und in die Praxis überführt werden. Weiterhin sollen neue Methoden und Datenquellen das Labeling und die Validierung von 3D-Daten verbessern (z. B. Building Information Modeling, BIM).

 

Mehr zum Sensors4Rail Projekt finden Sie hier.

Im Pilotprojekt Digitaler Knoten Stuttgart (DKS) wird das hochautomatisierte Fahren im Fahrgastbetrieb umgesetzt. Dabei ist eine Fahrzeugausrüstung der Stufe „ATO GoA2“ erforderlich (Automatic Train Operation mit Grade of Automation 2). Das Fahren basiert dabei auf der Streckenausrüstung ETCS Level 2 ohne Signale. Bei dieser Stufe erledigen die Züge das Anfahren, Beschleunigen, Bremsen und Halten selbstständig. Die Triebfahrzeugführer:innen übernehmen nur die Streckenbeobachtung und greift lediglich bei Störungen ein.

 

Die Fahrzeuge werden im Auftrag des Bundeslandes Baden-Württemberg und der DB Regio – teilweise im Rahmen einer Innovationskooperation – ausgerüstet. Streckenseitig erfolgt die Umsetzung durch das Projekt Automated Rail@DKS. Dabei werden folgende Technologien für die S-Bahn Stuttgart und weitere Regionalverkehre implementiert: die erste Ausbaustufe des Digital Registers (Basic DR), die Vorstufe eines Kapazitäts- und Verkehrsmanagementsystems (CTMS-Translator) sowie die streckenseitige ATO-Funktionalität (ATO-Trackside).

 

Die Abbildung zeigt die fahrzeugseitige sowie die streckenseitige Ausrüstung im DKS.

fahrzeugseitige sowie die streckenseitige Ausrüstung im DKS fahrzeugseitige sowie die streckenseitige Ausrüstung im DKS
fahrzeugseitige sowie die streckenseitige Ausrüstung im DKS

Zur Umsetzung von ATO GoA2 sind betriebliche Infrastrukturdaten notwendig. Sie müssen dem europäischen Standard entsprechen (ATO over ETCS-Spezifikation).

 

Basierend auf den Daten des Digitalen Registers berechnet die so genannte ATO-Onboard Unit die Beschleunigungs- und Bremskurven. Als zentrales Data-Warehouse für Infrastrukturdaten ist das Digitale Register somit ein wesentlicher Bestandteil für die Umsetzung des hochautomatisierten Fahrens im Bahnsystem der Zukunft. Mit der Entwicklung eines „Basic-DR“ als Cloudlösung soll für den bevorstehenden deutschlandweiten GoA2-Flächenrollout vorgesorgt werden. Die Cloudlösung hat unter anderem den Vorteil, dass das komplette Datenmanagement des Basic-DR zentralisiert und unabhängig von der Region erfolgen kann.

 

Mit der Umsetzung des Pilotprojekts „Digitaler Knoten Stuttgart“ wird das Digitale Register erstmals eingesetzt. Die dort erarbeiteten technologischen Grundlagen sollen für einen späteren GoA2 Flächenrollout – also den Rollout des hochautomatisierten Fahrens im gesamten Streckennetz Deutschlands – genutzt werden.

Europe's Rail Joint Undertaking – ERJU

 

Die vom Digitalen Register bereitgestellten Infrastrukturdaten sollen im zukünftigen automatisierten Bahnbetrieb in den Stufen GoA2 bis GoA4 allen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grund ist es notwendig, das zugrundeliegende Datenmodell und die Schnittstellen der Systeme zu standardisieren. Weiterhin soll durch die Standardisierung von Infrastrukturdaten und Schnittstellen die Interoperabilität des Eisenbahnverkehrs in Europa gefördert werden. Das Digital Register ist deshalb auch zentraler Bestandteil im sogenannten „Innovation Pillar“ des Europe's Rail Joint Undertaking geförderten Projektes „R2DATO“ (Rail to Digital automated up to Autonomous Train Operation), welches unter dem EU-Forschungsprogramm „Horizon Europe“ aufgehangen ist und die Schaffung von Grundlagen für wegweisende Zukunftstechnologien für den Bahnsektor zum Ziel hat.

 

Mehr zum Thema ERJU erfahren Sie hier.

  • Artikel in „EI - Der Eisenbahningenieur" | SafeRailMap | 10/20

    Das Forschungsprojekt SafeRailMap, ein Gemeinschaftsprojekt von DB Netz, Geo++ GmbH sowie DLR und gefördert durch die mFUND Forschungsinitiative, hat im Rahmen einer Machbarkeitsstudie einen Idealprozess zur Erstellung sicherer digitaler Gleisdaten, deren Integration in eine HD Map sowie der Verteilung der Daten bis zur Onboard-Lokalisierungseinheiten entworfen.

     

    Quelle: Der Eisenbahningenieur